Eigene Ansichten über das Bogenschießen
Was ist Bogenschießen?
Eine einfache Definition ist: das Schießen mit Pfeil und Bogen in unterschiedlichen Modi auf ein entferntes Ziel. Was ist traditionelles, meditatives, instinktives, intuitives, oder modernes Bogenschießen? Dazu gibt es unterschiedliche Ansichten und Vorstellungen, die teils unverständlich, seltsam und manchmal auch sehr amüsant sind. Meiner Meinung nach bezieht sich ein Teil der Begriffe(traditionell und modern) auf die Bauart der Pfeile und Bögen und ein anderer(instinktiv und Intuitiv) auf die Ziel-und Schuß-Technik. Für mich hat Bogenschießen eine Tradition, das Schießen mit einem „technisch ausgefeilten Sportgerät „( High-Tech-Recurve-Bogen oder Compoundbogen)nicht, deshalb nenne ich es „modernes Bogenschießen“ und das Schießen mit einem einfachen Bogen „traditionelles Bogenschießen“ oder einfach nur „Bogenschießen“. Die Begriffe instinktives oder intuitives Bogenschießen beziehen sich auf die Zielmethoden beim Bogenschießen, d.h. ich kann auch mit einem modernen Bogen(Compound) instinktiv oder intuitiv schießen, trotzdem hat das aber mit traditionellem Bogenschießen nichts zu tun. Für mich ist Bogenschießen keine Philosophie, sondern eine naturnahe Sportart, deren Anforderungsprofil auf trainingswissenschaftlichen Grundlagen basiert, somit Körper und Geist beeinflusst. Zunehmend ist Bogenschießen als Hobby und Freizeitbeschäftigung im Trend. Begriffe wie Achtsamkeit, Selbstfindung, Individualität, Entschleunigung, Gelassenheit und Ruhe kann man sehr gut mit Bogenschießen verbinden, muss man aber nicht. Damit meine ich, dass Bogenschießen schon „etwas“ mit all dem zu tun hat, es aber nicht marketingstrategisch dafür missbraucht werden sollte. Bogenschießen kann vieles, ersetzt jedoch keine Psychotherapie, kann hingegen als begleitende Maßnahme helfen, die Psyche zu stärken. Im Gesundheitsbereich findet Bogenschießen zunehmend Anerkennung und Anwendung.
Seit wann gibt es Bogenschießen?
Bogenschießen zieht sich wie ein roter Faden durch alle Epochen der Menschheits-Geschichte(etwa zeitgleich auf fast allen Kontinenten, ausgenommen Australien). Von der Steinzeit über die Antike und das Mittelalter, bis ins 20.Jahrhundert spielten der Kompositbogen und der Langbogen weltweit eine bedeutende Rolle als Jagd- und Kriegswaffe und bei sportlichen Wettkämpfen. Wettbewerbe im Bogenschießen gab es in Europa(Isthemische und Nemische Spiele) und Asien bereits ab dem 5.Jahrhundert v.Chr. Ab dem Mittelalter wurde mit den Schützengilden und Vereinen in Europa der Grundstein für den sportlichen Wettkampf gelegt und im 19.Jahrhundert hatte der Bogen als Kriegswaffe endgültig ausgedient – wird aber bis heute noch in vielen Ländern als Jagdwaffe verwendet. Die „Karlsschützen“(1198) sind Europas älteste Bogenschützengesellschaft. Ein Quantensprung im Bogenschießen war Mitte des 20.Jahrhunderts die Technisierung der Bögen. Plötzlich gab es glasbelegte Bögen mit Visiereinrichtungen, Umlenkrollen, Stabilisatoren u.v.m. Waren bei den 2.Olympischen Spielen der Neuzeit(1900) in Paris die Bogenschützen noch mit einfachen Holzbögen am Start, rieb man sich 1972 bei den olympischen Spielen in München erstaunt die Augen – plötzlich flogen bunte Aluminiumpfeile, abgeschossen von glitzernden Stahl/Aluminium-Recurve-Bögen(ausgestattet mit Visier und Stabilisatoren) durch die Luft. Doch damit nicht genug. Der Technik-Hype ging weiter, und in den USA wurde der „Compoundbogen“ erfunden, ein Bogen mit Umlenkrollen und noch mehr technischem Zubehör. Viele amerikanische Bogenschützen wollten diesem Trend nicht folgen, sondern suchten nach einem anderen Begriff, für das, was man seit Jahrtausenden unter Bogenschießen verstand, nämlich das Schießen mit einem einfachen Bogen ohne Visier und technische Hilfsmittel. Geboren war der Begriff „Traditionelles Bogenschießen“, der weltweit schnell die Herzen vieler Bogenschützen eroberte. Die Vielfalt und die großen Unterschiede in der Leistungsfähigkeit der Bögen veranlasste die zwei größten Bogensportverbände der Welt entsprechende Klassen und Stil-Einteilungen einzuführen, die weitgehend von den nationalen Verbänden übernommen wurden.
Warum macht man Bogenschießen?
Viele, weil es im Trend liegt, Spaß und Vergnügen macht, gesund ist, weil es Robin Hood, Legolas und Katniss machen, weil es leicht zu lernen ist – und weil man es ohne großen Aufwand, draußen und drinnen machen kann. Weil es alleine und mit mehreren auch sehr gut geht. Weil man sich sportlich betätigen möchte. Weil man keinen Grund braucht – einfach nur so.
Warum ich Bogenschieße?
Weil ich es liebe und es mir Freude bereitet. Freude(als Begleiterscheinung produktivem Tätigseins) im Unterschied zu Vergnügen(Befriedigung eines Verlangens). Für mich ist Bogenschießen nicht nur eine naturnahe und individuelle Sportart, die ich ohne Vereinsmitgliedschaft, alleine, mit der Familie und Freunden ausüben kann, sondern eine Kunst, die man lernen kann und beständig ausüben sollte, wenn man sie nicht verlernen will. Im Bogenschießen sehe ich ein besinnliches Tun. Ich bevorzuge das Bogenschießen in freier Natur -am liebsten in einem ursprünglichen Waldgelände – und zu allen Jahreszeiten. Bogenschießen gehört wie Psychologie und Philosophie zu meinem Leben. Manchmal ist Bogenschießen für mich eine sportliche Betätigung – dann trainiere ich intensiver, um an Meisterschaften teilnehmen zu können und um meinen Leistungsstand zu vergleichen. Das empfinde ich aber wie Urlaub.
Wie kann man Bogenschießen?
Indem man den Bogen spannt, einen Pfeil auflegt, die Sehne auszieht und loslässt. Treffen ist schon etwas schwieriger und gut treffen schwer. Eine 30x30cm große Zielscheibe auf 30m treffen, ist das etwas schwierigere Unterfangen – und auf 50m – schwer. Immer wieder behaupten „Bogenschießen-Gurus“ dass traditionelles Bogenschießen intuitiv, instinktiv, spirituell, ja sogar mystisch und nicht fassbar wäre – also möglicherweise nur etwas für Auserwählte. Ich behaupte: Bogenschießen ist ein Kinderspiel. Es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell Kinder im Alter von 7 bis 12 Jahren nach kurzer Erklärung des Prinzips, mit einfachen Holzbögen die Pfeile ins Ziel bringen(Entfernung 10m – Scheibengröße 50cm). Wer Bogenschießen als Hobby oder Sport betreiben möchte, sollte etwas über die Technik wissen. Um einen harmonischen Schussablauf(bzw. ein optimales Zusammenspiel kognitiver und motorischer Fertigkeiten) zu erreichen und zu automatisieren, wird man um ein regelmäßiges Training nicht herumkommen. Der Schussablauf kann in 6 Phasen eingeteilt werden: Stand, Auszug, Ankern, Zielen, Lösen, Nachhalten. Das Zielen nimmt dabei eine Schlüsselstellung ein. Die Kunst des Bogenschießens liegt darin, den Bogen-Arm entsprechend der Entfernung zum Ziel in den richtigen Abschusswinkel zu bringen. Das ist beim traditionellen Bogenschießen nicht ganz so einfach wie beim modernen Bogenschießen, weil die entsprechenden technischen Ziel-Hilfsmittel vom Gehirn ersetzt werden müssen. Das einfachste Hilfsmittel zum Zielen ist beim traditionellen Bogenschießen der Pfeil, anstelle des Visiers, beim modernen Bogenschießen. Das Wissen über die Entfernung zum Ziel ist bei beiden immer die Voraussetzung. Die „berühmte Hand-Auge-Körper-Koordination“ die fast immer als Erklärung für das „instinktive, intuitive und meditative Bogenschießen“ herhalten muss, gilt natürlich auch für das moderne Bogenschießen, – Basketball, oder Golf oder……Nagel einschlagen. Ich ziele mit meinem Bewußtsein, d.h. ich bediene mich meiner visuellen, vestibulären, haptischen, taktilen und kinästhetischen Wahrnehmung, richte meine Aufmerksamkeit auf das Ziel und löse mittels meines gelernten, automatisierten Schussablaufs den Pfeil und freue mich, wenn es ein guter Treffer geworden ist. Wenn nicht, schmeiße ich instinktiv meinen Bogen weg,höre intuitiv auf zu schießen und wenn ich mental wieder ok.bin, bediene ich mich eines Köchers voller Pfeile und trainiere weiter.
Wo kann man Bogenschießen?
Im „Wald und auf der Heide“, wo man niemanden gefährden kann – oder auf einem ausgewiesenen Bogensportgelände(Scheibenplatz, Feld- oder 3D-Parcours) nach festgelegten Sicherheitsregeln. Im Winter in der Halle( für die, die es warm mögen und keine Pfeile im Schnee suchen wollen) und für alle anderen mit Winterbekleidung natürlich auch im Freien. Beim olympischen Bogenschießen(nicht traditionell) werden 2x 36 Pfeile nach dem Regelwerk der World Archery auf bunte Zielscheiben von 30m bis 90m geschossen. Eine andere Disziplin ist das „Feldbogenschießen“, bei der, je nach Verband, 24 oder 28 Zielscheiben in unterschiedlichen Größen und Entfernungen(von 5 bis 75 Meter) auf einem mehrere Kilometer langem Parcours aufgestellt sind. Hier sind alle Stil-Arten und Klassen vertreten. Die populärste Variante im Bogenschießen ist seit Jahren das sogenannte 3D-Bogenschießen auf dafür eingerichteten Parcours in freier Wildbahn. Das Gelände ist von der Größe(5 bis 50 Hektar) einem Golfplatz vergleichbar und befindet sich zum größten Teil im Wald. Die 28 Zielscheiben werden nach einem festgelegten Regelwerk (IFAA und WA) durch Gummi -bzw.Schaumstofftier-Nachbildungen ersetzt. Mittlerweile tragen alle 5 Verbände nationale und zwei Verbände internationale Meisterschaften aus. Diese Turniere haben den größten Zulauf(siehe Starterliste EBHC Oberwiesenthal mit 2300 Teilnehmern).
In einem sehr kleinen Teil Deutschlands( Südbayern )wird diese Sportart leider aus „ethischen“ Gründen abgelehnt.